Interview mit Thomas Stüke

Von Wolf Ewert

Thomas Stücke ist seit vielen Jahren eine feste Größe auf norddeutschen Keramikmärkten. Sehr engagiert in der Entwicklung der Keramiksituation um Osnabrück, habe ich ihn zu den stattfindenden Veränderungen befragt.

Frage: Du bist Mitorganisator des Osnabrücker Töpfermarktes gewesen und auch Berater für die Stadthallen GmbH für die Keramika in Osnabrück. Den Töpfermarkt gibt es mittlerweile seit 12 Jahren, die Keramika wird dieses Jahr das dritte Mal stattfinden. Von beiden Veranstaltungen hast Du Dich zurück gezogen. Warum?

ð Da muß ich unterscheiden. Dies sind zwei komplett verschiedene Veranstaltungen. Die Keramika verfolgt einen rein kommerziellen Ansatz. Die Stadthallen GmbH ist verwöhnt durch eine Veranstaltung: Nadel und Faden, die sowohl die Industrie als auch das Hobby anspricht und in ihrer Form einzigartig ist. Konzept und Idee dieser Veranstaltung wurde auf die Keramik übertragen.
Dort aber gibt es schon Strukturen. Hier handelt es sich um professionelle Aussteller, die auf solch einer Veranstaltung ein professionelles Ambiente suchen. Dafür sind sie bereit solch eine Veranstaltung durch schwierige Anfangsjahre mit zu tragen. Der Veranstalter soll aber das gleiche Interesse haben. Die Stadthallen GmbH ist jedoch nicht bereit die Veranstaltung für einige Jahre defizitär laufen zu lassen, sie dafür aber als gute Veranstaltung einzuführen. Durch Eintrittsgelder, hohe Standgebühren und ohne professionelles Begleitprogramm sollte sich die Keramika von Anfang an selbst tragen und meine Aufgabe ist es nicht Kollegen zum füllen der Stadthallenkassen zu überreden. Darum habe ich mich von dieser Aufgabe zurückgezogen. Ganz anders die Märkte: zum überwiegenden Teil werden sie von Kollegen bzw. Teilnehmern organisiert, die kein vordergründiges, kommerzielles Interesse als Veranstalter haben. Kulturell und wirtschaftlich sind sie langfristig orientiert. Es bedarf eines langen Atems und Risikobewußtseins um einen Markt einzuführen. In Osnabrück ist nach 12 Jahren trotz verschiedenster Marketingstrategien das Kundeninteresse zu gering. Es reicht nicht, wenn weniger als 1/3 der Marktteilnehmer mit den Umsätzen zufrieden sind.
Im Norden liegen die Marktstandkosten zwischen 150,- und 280,-DM. Nach oben hin sind sie gedeckelt, da sie in Relation zu den Umsätzen stehen müssen. Platzmiete und Deutsche Städtereklame nehmen in Osnabrück mehr als 1/3 des Budgets ein. Für die eigentlichen Werbemaßnahmen bleibt da zu wenig über. Die Stadt verfolgt ein kommerzielles Interesse. Sie sieht den Markt nicht als ein unterstützenswertes kulturelles Angebot.

Frage: Statt dieser Veranstaltungen in der Stadt planst Du ein Zwischending zwischen Markt und Ausstellung in einem kleinen benachbarten Dorf. Es muß sich gegen länger eingeführte Veranstaltungen durchsetzen. Was soll das Publikum dorthin locken, das es nicht auch in der Stadt bekommen könnte.

Frage: Wir kennen mittlerweile einige Verkaufsveranstaltungen mit Wettbewerben, Preisen und Kursangeboten, in denen besondere keramische Techniken vermittelt werden. Du willst deine geplante Veranstaltung nicht nur für den potentiellen Kunden attraktiv gestalten. Du arbeitest an einem Angebot für die Aussteller ganz anderer Art. Worum handelt es sich dabei?

Gestaltung
Die Preiskalkulation liegt absolut im Argen. Das stimmt von Vorn und
Hinten nicht mehr.
Warenpräsentation
Marketingkonzepte
Strukturwandel: soll ich jemanden einstellen, mich an Messen beteiligen, Auslagern, Vergrößern, mein Angebot künstlich Verknappen zu einem Edelprogramm. Da gibt es genug Bedarf für eine professionelle Beratung. Die Strukturen mit Märkten sind auf die Dauer nicht überlebensfähig. Es gibt keinen Nachwuchs, die Auswahl ist überall gleich und die Umsätze sind rückläufig oder stagnieren.
Neue Ansätze wären nötig.

Frage: Wie willst Du denn die Szene der professionellen Keramikmuffel aus der Reserve locken, damit sie sich mit ihrer eigenen Situation befassen?

ð Das Bedürfnis ist da. Es gibt ein starkes Empfinden für eigene Defizite. Nur wenige allerdings wollen daran arbeiten. Naja. Die Idee ist es so etwas einfach an den Markt anzuhängen.

Frage: Bietet sich da der Kalkspatz als freier Träger der Veranstaltung an?

ð mhmmf ghbpffffff, also erstmal ein eindeutiges Jaein. Bei einem Markt sehe ich nicht, was der Kalkspatz dabei soll. Ich wäre so eigennützig zu versuchen gute Leute an zu ziehen, die gleichzeitig Interesse daran haben sich weiter zu bilden. Wobei natürlich sich solch eine Veranstaltung über die Teilnehmerzahl finanziert. Kirchgässler & Kobis aus dem Schwarzwald bieten beispielsweise Töpfereien und Kleinbetrieben Beratung an. Sie veröffentlichen "Drehen & Wenden". Bei einer Individualberatung kommen sie mit einem langen Fragenkatalog, der dann Grundlage für eine Eingehende Beratung ist. Ein Mann kostet für einen Wochenendkurs vielleicht 6000,-DM. Für 30 Teilnehmer wären das Kosten von jeweils 200,-DM.

Frage: Du siehst also einen Diskussionsbedarf. Jetzt gibt es aber die verschiedenen Verbände. Innungen und Kammern für das Handwerk, Künstlervereinigungen wie den ADK oder BDK für die freischwebenden Künstler und nicht zuletzt den Kalkspatz. Dort werden kaum Fortbildungen oder Diskussionsforen angeboten, in denen das Überleben auf dem "freien Markt" thematisiert wird. Ist dies ein Tabuthema nach dem Motto "über Geld spricht man nicht" oder haben diese Organisationen den Kontakt zur "Basis" verloren?

ð Fortbildungsprogramme gibt es. Die sind auch gut. Die Zielgruppen sind der Einzelhandel und Management. Es gab auch einen Kurs des ADK’s zusammen mit der Kammer in Bielefeld. Ganz selten gibt es aber ein abgestimmtes Programm für Selbstvermarkter, also Hersteller ohne Dienstleistungsanteil ( z.B. Schreiner mit Küche für best. Kunden). Wiederverkauf fällt ja kaum ins Gewicht. Unsere Marktstrukturen im produzierenden Gewerbe ist einzigartig.
z.B. verkaufen die Glaskünstler primär über Galerien und Museen. Für die Keramika in Osnabrück ließ sich aus ihrer Sparte kaum einer motivieren Teil zu nehmen, da sie gar keine Marktstände haben.
Maßgeschneiderte Kursangebote für uns habe ich noch keine gefunden.

Frage: (mit überquellender Höflichkeit) Werden wir im nächsten Jahr über die Ergebnisse dieses Projektes berichten dürfen?

ð Es ist nicht gesagt, ob es für das nächste Jahr schon klappt. Sagen wir in zwei Jahren.

Viel Erfolg und danke für das Gespräch.