kalkspatz Töpferblatt Juli '96

Internet - the final frontier, these are the voyages of the starship Töpferling...

Überall ist davon zu lesen und zu hören, kein Entrinnen, so auch hier. Der Artikel in der letzten Ausgabe des "Keramik Magazin" war ausführlich und prima, aber das Internet ist mehr als nur "surfen" von den Beate Uhse-Seiten über Madonnas neueste Videos zu Microsoft, oder gar durch das Australische ClayNet und die virtuellen Keramikausstellungen in Amiland. Surfen im Netz für sich genommen macht zwar auch Spaß und läßt so manche Stunde wie im Fluge vergehen, ist aber auch nur reiner Konsum und auf Dauer genauso langweilig, wie vor der Glotze hängen - unerwünschte Werbung inklusive.

Der Anschluß ans Netz kann allerdings neben dem "clicken und schauen" auch aktive, eigene Präsentation und Kommunikation sein. Im folgenden möchte ich kurz aufzeigen welche technischen Möglichkeiten bestehen und wie sie exemplarisch jeder mit eigenen Inhalten füllen kann.

e-mail: Electronic Mail oder Elektropost ermöglicht das Versenden von kurzen Notizen oder ganzen Büchern, Bildern, Tonaufnahmen oder Filmen (bzw. allem Kwatsch, der sich auch auf einem Computer speichern läßt) an andere Personen. e-mail läßt sich am ehesten noch mit konventioneller Briefpost vergleichen. Ein Absender, ein Empfänger. Über spezielle Verfahren auch für vertrauliche Nachrichten geeignet.

Der nächste Schritt ist der Weg e-mails nicht an eine einzelne Person, sondern an eine sog. Mailing-Liste zu schicken. Dies ist ein Programm auf einem zentralen Rechner, das eingehende Nachrichten an eine ganze Gruppe von Empfängern weiter verschickt. Der Kreis der Teilnehmer ist relativ konstant und bei Bedarf allen bekannt. Der Versand der Nachrichten an, und die Neuaufnahme bzw. der Austritt aus diesen themenbezogenen Mailing-Listen, kann automatisch oder auch über einen Moderator, einem speziellen Teilnehmer der Liste, kontrolliert erfolgen.

Soll eine Diskussion nicht in einem geschlossenen Zirkel ablaufen, sondern allgemein zugänglich sein, bietet sich das Medium News (auch als Usenet oder Mailbox-Bretter bekannt) an. Dies ist eine Sammlung von Diskussionsforen, oft auch mit Schwarzen Bretter verglichen, die für jedermann zugänglich sind. In der Anfangszeit dominierten dort, wie überall im Internet, die Computerthemen. Aber inzwischen werden auch hier fast alle Bereiche des täglichen Bedarfs, in mittlerweile weltweit über 6000 hierarchisch strukturierten Gruppen und Untergruppen, diskutiert. Freunde der Guppyzucht, Radfahrer, Glaubensrichtungen, politische Gruppen und natürlich auch die Töpfer (rec.crafts.pottery) haben dort ihre Foren eingerichtet. Eingehende Texte werden umgehend an alle angeschlossenen Systeme verteilt und stehen zum Abruf bereit. Der Großteil dieser News-Gruppen haben ihren Ursprung in den USA, der Austausch erfolgt daher in mehr oder weniger gutem Englisch. Der deutschsprachige Zweig (alle Gruppennamen beginnen mit einem de.*) ist weit weniger fein untergliedert, auch eine eigene Gruppe der Keramiker fehlt bis dato, lebt aber wie alles im Internet von den Teilnehmern, die sich ihre Foren einrichten und mit Inhalten füllen.

Natürlich kann man das Medium WWW (World Wide Web) auch aktiv nutzen und selbst gestaltete Seiten im Netz präsentieren. Die meisten Anbieter, die Internetzugänge bereitstellen, ermöglichen es ihren Kunden eigene Seiten im Internet darzubieten. Diese Seiten ermöglichen zwar auch wieder nur eine einseitige Kommunikation, können aber Anstoß bzw. Hintergrund für ein Austausch über die oben genannten Kanäle sein.

Soweit die Technik, aber wie kann ich, Du, Erna, Hans oder Horst das alles nutzen, was soll das ganze in meinem Leben?

E-mails dienen dem privaten Austausch, der Bestellung im Versandhandel, dem führen von Diskussionen in kleinen kurzfristig einberufenen Gruppen etc.

Mailing-Listen eignen sich für feste Gruppen, z.B. alle (verkabelten) Mitglieder des Kalkspatzes, dem Redaktionsteam des Töpferblattes, Freunde des Rakubrandes usw..

Newsgruppen stehen automatisch allen offen, daher ist dort das Niveau der Beiträge oftmals niedriger als in enger gefaßten Mailing-Listen, es ist auch im Gegensatz zu Mails nicht gewährleistet, daß die Beiträge auch wirklich alle erreichen, für die sie bestimmt sind. Dafür ist für "Neueinsteiger" leichter dort Fuß zu fassen und einfach nur still zu lauschen.

Das WWW bietet dafür die Möglichkeit sich selber, seine Werke oder die Werkstatt oder z.B. auch das Töpferblatt auf elektronischem Wege einer breiten (und weltweiten) Öffentlichkeit zu präsentieren.

Das Nette an all den Wegen ist, daß die Kommunikation in der Regel einfach und formlos abläuft, aber auch den Raum für ausführlich Abhandlungen bietet.

Die Idee dabei ist, daß eine Austausch zwischen Leuten mit gleichen Interessen unabhängig von Ort und Tageszeit, schnell und relativ preiswert möglich ist. Vielleicht auch eine Chance, die Kommunikation innerhalb der Töpferschaft wieder etwas in die Gänge zu bringen, die Ideen auch mit Kollegen im Rest der Welt zu verknüpfen und zu schauen, was außerhalb des angestammten Dunstkreises so vor sich geht.

Und nun?

Um exemplarisch zu zeigen was evtl. möglich ist, werde ich die hier und heute in Jederitz entstandenen Artikel des Töpferblattes ins Internet einhängen und einige Verweise auf andere Seiten im Netz einrichten (http://www.cs.tu-berlin.de/~marsu). Für Erweiterungen und andere Ideen ist Platz genug vorhanden. Ich, als "eingeheirateter" Informatiker, kann inhaltlich leider nicht viel beitragen, bin aber offen für Ideen von Außen und möchte helfen, diese technisch auf die Beine zu stellen.

Ebenfalls habe ich die Möglichkeit Mailing-Listen zu beliebigen Themen auf meinem Rechner einzurichten - wenn Bedarf besteht, nur zu! Zum Ausprobieren gibt es die Liste: "ton@palumbia.in-berlin.de" (dort werden die Beiträge hingeschickt) neue Teilnehmer melden sich ebenfalls per e-mail an: "majordomo@palumbia.in-berlin.de" (die Verwaltungsadresse) mit dem Text der Nachricht "subscribe ton" an (Jeweils ohne die Anführungszeichen).

Schön, schön, aber wie komme ich da jetzt ran, was brauche ich für einen Internetanschluß?

Zuerst einmal einen Computer, für Mail und News geht eigentlich fast jeder Rechner, fürs WWW sollte es schon ein grafikfähiger Rechner ala 486er PC oder Apple Macintosh sein. Dazu kommt natürlich noch für die Verbindung mit der Telefonstrippe ein Modem oder ein ISDN-Adapter (beides derzeit jeweils ca. 200-400DM). Die dafür nötigen Programme gibt es im Allgemeinen umsonst oder für "fast umsonst".

Für den eigentlichen Zugang zum Internet gibt es leider kein Patentrezept, zu unterschiedlich sind die Ansprüche und Voraussetzungen. Zum einen gibt es die klassischen Onlinedienste, die jetzt auch Internetzugang anbieten. Dies sind T-Online (ehemals BTX, Datex-J), Compuserve, American Online (AOL). Diese zeichnen sich in der Regel durch eine geringe monatliche Grundgebühr und zusätzliche Gebühren pro Zeiteinheit aus. T-Online ist zwar technisch nicht so Klasse, hat aber den unschlagbaren Vorteil, das es aus der ganzen Republik zum Ortstarif zu erreichen ist. Für Städter zwar egal, aber für Leute aus Hinter-Sumpfdorf schon ein entscheidender Kostenfaktor. Meines Wissens nach bieten AOL und Compuserve derzeit auch die Möglichkeit, eigene WWW-Seiten auf ihren zentralen Rechnern abzulegen.

Wer das Netz häufiger nutzt, stößt mit den Zeitgebühren der Onlinedienste recht schnell an den Boden der eigenen Geldbörse. Für private Nutzung bieten daher viele lokale Gruppen, die sich im gemeinnützigen Verein Individual Network (Stammsitz in Oldenburg) zusammengeschlossen haben, in vielen Regionen des Landes Zugänge zum Pauschalpreis an. Dieser schwankt je nach Region zwischen ~20,- und 50,-DM pro Monat (WWW-Seiten incl.) - aber: keine geschäftliche Nutzung!

Wer mehr will, wie z.B. Anschluß des eigenen lokalen Netzwerks per Standleitung, eine repräsentative E-Mailadresse (z.B. vorstand@kalkspatz.de statt ksvorstand@aol.com), volle professionelle Nutzung des Zugangs, Aufbau eines eigenen WWW-Servers, richtige Beratung und Unterstützung bei der Installation und Betrieb usw. sollte sich an spezielle Internet Provider wenden. Preise dafür sind zu unterschiedlich um sie hier aufzuführen, aber liegen in der Größenordnung von 100-200DM für die Erstellung und Plazierung einiger WWW-Seiten bis zu 2000-4000DM für den Anschluß per Standleitung....

Noch Fragen, Ideen?

Henrik Hempelmann

e-mail: marsu@in-berlin.de
www(priv.): http://home.pages.de/~marsu/
www(Töpferblatt etc.): http://www.cs.tu-berlin.de/~marsu/
Tel.: 039387/79025


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