Sprung im Henkel nach über einem Jahr

Diese Rubrik ist für alle die noch ganz neu zum Thema Ton gekommen sind und Hilfe bei den absoluten Basisthemen benötigen.
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Martina_H
Beiträge: 2
Registriert: Sonntag 17. Juli 2022, 10:19

Sprung im Henkel nach über einem Jahr

Beitrag von Martina_H »

Liebe Kalkspatzen,
als bisher stille Mitleserin bin ich über die Suche nicht fündig geworden und hoffe mit diesem Beitrag auf eine Idee von euch zu folgendem Problem:
Ich hab einer Freundin vor über einem Jahr eine Tasse geschenkt, bei der nun am unteren Ende des Henkels erst ein Sprung entstand und jetzt ein ganzes Stück regelrecht rausgebrochen ist. Ich suche nun nach möglichen Ursachen, um sowas zu vermeiden.

Die Henkel sind nicht gezogen, sondern als Platte ausgerollt, in Form gebogen und im noch nicht ganz lederharten Zustand angebracht.

Der Ton ist Steinzeugton, Witgert 11, unschamottiert.
Glasur ist Grau Effekt von Terracolor.
Geschrüht bei 950°C, HZ 20 min
Glasurbrand bei 1230°C, Elektrobrand.


Ton und Glasur vertrugen sich bisher super. Bei anderen Stücken gab es keine Spannungsrisse o.ä.
Kann das ein Lufteinschluss sein, der zu der Schwachstelle geführt hat? Die Tasse wurde ein Jahr normal benutzt, keine krassen Temperaturwechsel.
Ich füge mal Fotos vom Schaden ein.

Habt ihr eine Idee?
Lieben Dank, Martina

sprung_henkel.jpg
Hier steht die Tasse auf dem Kopf. Da ist das rausgebrochene Stück gut sichtbar:
sprung_henkel02.jpg
So sah der Henkel in gesundem Zustand aus:
T032-1.jpg
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tuxpert
Beiträge: 131
Registriert: Sonntag 16. Dezember 2012, 20:42
Wohnort: Mannheim

Re: Sprung im Henkel nach über einem Jahr

Beitrag von tuxpert »

Hallo Martina,
der Riss lässt auf Spannungen zwischen Tasse und Henkel schließen. Diese Spannungen können vielfältige Ursachen haben, am häufigsten ist sicher ein unterschiedlicher Trocknungsgrad von Tassenkörper und Henkel zum Zeitpunkt der Montage.
Ich vermute, dass sich eine kleine Stufe durch den Bruch ergeben hat? Das liegt am Schrumpfungsverhalten von Ton: Nimm an deine Masse schrumpft beim Trockenprozess um 5% und Henkel und Tasse seien gleich hoch. Im Beispiel schrumpft eine 100mm hohe Tasse also beim trocknen auf 95mm Höhe.
Wenn nun die Tasse zum Montagezeitpunkt schon lederhart und um 2% geschrumpft ist (98mm Höhe) und der Henkel noch tütenfeucht, also garnicht geschrumpft ist, dann ergibt sich bis zum Durchtrocknen am Ende, dass die Tasse auf 95mm, der Henkel aber von 98->93,1mm (entsprechend 5%) geschrumpft ist. Aus diesem Unterschied ergibt sich die beobachtete Spannung im Ton die entweder schon beim trocknen oder eben später an der schwächsten Stelle zu Rissen/Sprüngen führen kann.
Um solche Fehler zu vermeiden empfiehlt es sich eine schamottierte Masse zu verwenden, da diese weniger schwindet und eine bessere Temperaturwechselbeständigkeit aufweist. Eine gewisse Entspannung kann auch durch längere Haltezeiten oder höheres Brennen erzielt werden, wenn man an die Erweichungstemperatur des Tons kommt. Einschlüsse oder Luftblasen müsste man an der Bruchfläche erkennen können falls diese zur Schwachstelle geführt haben.
lg,
tuxpert
Martina_H
Beiträge: 2
Registriert: Sonntag 17. Juli 2022, 10:19

Re: Sprung im Henkel nach über einem Jahr

Beitrag von Martina_H »

Ganz herzlichen Dank für deine schnelle und ausführliche Rückmeldung tuxpert. Die Erklärung klingt sehr plausibel. Ich achte zwar darauf, dass Henkel und Tassenkörper einen ähnlichen Trockungsgrad haben, ich weiß aber, dass ich auch schonmal Henkel angebracht habe, die leicht zu trocken waren. Meist sehe ich die Trockungsrisse noch vor dem Schrühen und kann sie dann direkt aussortieren.

Den Rat mit dem schamottieren Ton werde ich beherzigen.

Tritt das Problem bei gezogenen Henkeln dann eigentlich häufiger auf? Da ist der Ton ja meist frisch aus der Tüte und der Tassenkörper bereits lederhart.
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