Daneben gibt es aber auch noch private Kunstschulen, gleichzusetzen den Freien Kunstschulen in Deutschland. Diese Kunstschulen sind zum Teil von Verbänden, Volkshochschulen oder Ähnlichem als Tagesschulen aufgezogen und haben meistens eine keramische Abteilung.
Wenn also auch Gewerbefreiheit herrscht, so interessiert sich doch eine Behörde lebhaft für die Eröffnung einer Werkstatt, nämlich das Finanzamt. Man bezahlt zwar auch als Einmann-Betrieb Lohnsteuer für sich selbst, ist aber krankenversichert und erarbeitet sich aus den besten 5 Jahren eine Alterspension. Der Künstler wird mit 65 Jahren also Pensionär wie jeder andere.
Oft bilden ehemalige Kunstschüler Arbeitsgemeinschaften und versorgen so den Markt mit Waren. Es gibt natürlich auch Organisationen, die den Geschmack steuern und es ist das Bestreben jedes Keramikers zu einer dieser Organisationen zu gehören. Sie haben alle eine Jury, die über die Mitgliedschaft entscheidet.
Drei dieser Organisationen möchte ich näher vorstellen:
Slojdföreningen ist eine Organisation zu der ein Teil der "Konsthantvärkerna" gehören, aber auch Innenarchitekten, Gebrauchsgrafiker und vor allem Formgeber (Glasformgeber und Formgeber der Porzellanindustrie). Sie gibt die Zeitschrift "Form" heraus und ist zum Teil vom Staat subventioniert. Die Mitgliedschaft bringt noch mehr Ansehen als bei den "Kunsthandwerkern". Slojdföreningen hat kollektiv internationale Bindungen zu andern Vereinigungen. Die Mitgliedschaft erhält man nur nach Beurteilung durch eine sehr strenge Jury.
Hemslojdfärbundet wäre gleichzusetzen dem Heimatwerk, das ja in Deutschland fälschlicherweise als nazistische Vereinigung verschwand. Es gibt ja noch ein Schwizer Heimatwerk, ein norwegisches Husflit und ein österreichisches Heimatwerk. Zweck der Heimatwerke ist es, Volkskunst zu erhalten und entsprechende Werkstätten zu unterstützen.
Dies gilt nicht nur für die Keramik, sondern vor allem den textilen Betrieben. Die Vereinigung nimmt sich der webenden Bauersfrauen an und schult sie geschmacklich. Ein Netz von Verkaufsstellen überzieht das Land, wo der Töpfer mit festen Kontrakt seine Ware abliefern kann.
Das Schwergewicht der guten Werkstätten liegt in Südschweden wegen des dort vorkommenden guten Steinzeugtones. Ansonsten arbeiten die Werkstätten oft mit örtlichen sehr mittelmäßigen Töpfertonen bei Brenntemperaturen von 1000 Grad Celsius.
Die Unzahl der Werkstätten in den Ballungszentren Stockholm und Göteburg liegt wohl daran, daß die an den Schulen ausgebildeten Keramiker wegen des Absatzes nicht gern aufs Land ziehen. Es gibt aber auch rein ländliche Ballungszentren, wie z. B. die Unzahl der Töpfer auf der Insel Gotland und besonders in der Stadt Visby. Ursache ist dort der immense Tourismus.
Die Töpfer Gotlands sind eine bunt zusammengemischte Gesellschaft verschiedener Nationen, Holländer, Deutsche, Ungarn und nur zum kleinen Teil einheimische Gotländer. Die meisten Schweden stammen vom Festland. Nur eine alte Bauerntöpferei hat einen rein gotländischen Ursprung: die Etelhem-Werkstatt mit einem alten Kasseler Ofen und einem selbstgebauten, im Freien stehenden Holzofen, der als Touristenattraktion zweimal im Monat in Form eines Rakufestes gebrannt wird, allerdings nicht mit Rakuware.
Hannes Gläser
Elektizität ist billig in Schweden und so brennen die meisten schwedischen Keramiker im Elektroofen. Zahlreiche Wasserkraftwerke zusammen mit den Atomkraftwerken (Schweden hat die höchste Erzeugung pro Einwohner der Welt) drücken den Strompreis unter 10 Pfennig. Das ist ein harter Kontrast zum nahen Dänemark, wo Strom das dreifache kostet.
Ein weiterer Grund für die Dominanz des oxidierenden über das reduzierende Brennen ist die begrenzte Verfügbarkeit von Erdgas (nur in einigen älteren Wohngegenden Stockholms gibt es Erdgasanschlüsse). Ansonsten bleibt als Alternative nur Propangas.
Die Brennöfen sind fast alle kleiner als 300 Liter und werden meistens auf Kegel 8-9 gebrannt.
Eine der treibenden Kräfte hinter der schwedischen Keramik ist das "1% für die Kunst" - Programm, was bedeutet, das sowohl an öffentlichen als auch an privaten Bauten üblicherweise 1% der Baukosten für künstlerische Gestaltung ausgegeben werden.
Viele Keramiker vermarkten ihr Töpfe über Cooperativen, z. B. "Lerverk" in Göteburg. Ihr gehören 30 Keramiker und Glasbläser vor allem aus dem Westen Schwedens an, die 15% ihres Umsatzes an die Kooperative abführen. Jedes Mitglied hat die Verpflichtung zwei Wochen im Jahr für den Verkauf im Laden zur Verfügung zu stehen.
Ähnlich ist auch "Blas och Knada" in Stockholm organisiert, nur die Mitglieder stammen aus ganz Schweden.
Christine Pendergrass
Finnische Studiokeramik hat sich erst viel später, während der siebziger Jahre entwickelt. Eine ungebrochene Entwicklung der Keramik in Finnland seit dem letzten Jahrhundert war eigentlich nur durch die ARABIA-Fabrik möglich. ARABIA bildete ihre eigenen Keramiker aus, produzierte Keramik, Massenware und Kunst. Heute ist das University College of Art and Industry staatlich, das heißt unabhängig von ARABIA, aber untergebracht in nicht mehr benutzten Fabrikräumlichkeiten. Die fünfjährige Ausbildung an diesem College bringt hochqualifizierte KeramikerInnen hervor, die in ihrer weiteren Entwicklung sehr stark vom Staat gefördert werden und eine gute Basis für die interessante finnische moderne Keramik-Szene bilden.
In der Nähe von Helsinki liegt die Insel Suomenlinna. Dort gibt es Pot-Viapori, eine Gruppe von vier Keramikerinnen, die dort in den alten russischen Militäranlagen eine Studio-Gemeinschaft haben. Die ganze Insel gehört jetzt der Stadt Helsinki, die sie mit einem Kulturprogramm in einen Insel für die schönen Künste verwandeln will, weil viele Künstler sich dort schon angesiedelt und vor vielen Jahren begonnen hatten, Ateliers auszubauen.