In Vila Nova de Gaia, wo es traditionell industrielle Keramik gibt, fand 1990 die erste internationale Konferenz mit dem Titel "Ceramic/Earth-Fire" statt, der andere folgen werden.
Der Hahn ist ein Wahrzeichen und buntbemalte Hähne aus Ton sind die beliebtesten Souvenirs von Portugal geworden. Die dazugehörige Wundergeschichte:
Im Mittelalter soll ein Durchreisender des Diebstahls bezichtigt und vom damaligen Herzog von Braganca zum Tode verurteilt worden sein. Dem Herzog wurde während der Urteilsverkündung ein gebratener Hahn vorgesetzt. Der Verurteilte schwor unschuldig zu sein und forderte das Bratenstück auf, als Beweis zu krähen. Der Brutzelhahn krähte und der Mann wurde freigelassen.
Das Touristenbüro von Barcelos verfügt über Adressen von Keramikern. Die Suche nach Töpfern bleibt trotzdem nervenaufreibend. Die Straßenverhältnisse und die Ausschilderung der Dörfer ist schlecht, sobald man die Hauptstraße verläßt.
Die Keramiker sind überwiegend offen und zeigen gern ihre Arbeitstechniken. Sprachlich gab es Schwierigkeiten. Wenn man nicht portugiesisch spricht, helfen Kenntnisse in Englisch oder Französisch meist gar nicht. Aber das tut dem Austausch keinen Abbruch. Wir verständigten uns mit Augen, Händen und Füßen.
Es wird überwiegend mit niedrigbrennender roter Masse gearbeitet, die von Hand aufbereitet wird. Der Boden ist sehr eisenhaltig. Bei meinen Streifzügen durch das Land konnte ich mehrere Tonabbaustellen entdecken, aber nur wenige enthielten auch streifenweise weißen Ton. Eine Vielzahl von Ziegelindustrien sind angesiedelt.
Die Qualitätsbeurteilung der Töpferware unterscheidet sich stark von unseren Verhältnissen. Eine Beule im Topf ist keineswegs qualitätsmindernd. So gab es preislich keinen Unterschied zwischen fehlerfreier Ware und Stücken mit Boden- und Henkelrissen. Ein handgedrehtes, unglasiertes Gefäß (ca. 50 cm Höhe) kostete im Schnitt umgerechnet 9 DM. Im Gegensatz zu früher bekommt man auch glasiertes Eßgeschirr, welches nicht mehr bleilässig sein soll. Das Symbol der Lebensmittelechtheit (Becher und Gabel) klebte auf manchen Stücken. Die meisten Töpfer, die noch mit bleilässiger Ware handelten, kannten immerhin das Symbol und die Bedeutung. Gebrannt werden die Stücke in einfachen holzbefeuerten Öfen, die aus Ziegelsteinen gebaut wurden.
Die Hestellung von gegossenen Figuren scheint ein blühendes Geschäft zu sein. Dazu wird weiße Masse benutzt. Mehrere Fabriken sind um Barcelos angesiedelt. Die Gipsformen befanden sich in einem unglaublich verdreckten Zustand. Die Formen zeigen keinen eigenen Gestaltungswillen und können jederzeit auch bei uns im Kaufhaus gefunden werden. Die gegossenen Teile von Elefanten, Tigern, Hunden etc. werden grob montiert, schlecht verputzt und nach dem Schrühbrand mit Lack überspritzt. Gebrannt wird mit Industrieöfen. Die Arbeitsverhältnisse fand ich erschreckend. Alles ist eingetaucht in zentimeterdicken Staub. Der Lack wird frei im Raum verspritzt.
Allgemein ist das Gesundheits- und Umweltbewußtsein gering. Wälder und Strände glichen oftmals Müllhalden.
Typisch für die Gegend ist auch das Modellieren von Figuren: eine eigenwillige Gestaltung von ländlichen Szenen, Tieren, Menschen mit Riesenaugen, langgezogenen Gliedmaßen, Teufel mit heraushängender Zunge. Sie haben etwas sehr eigenes und sind frech in ihrer Ausdrucksweise. Die handmodellierten Stücke werden in gleicher einfacher Weise gebrannt wie die Gefäße der Töpfer. Nach dem Brand werden die skurrilen Wesen mit kräftigen knallbunten Lackfarben bepinselt. Überhaupt werden Gegenstände, die nicht zum reinen Gebrauch zählen, wie Dose, Wandteller etc. meist gelackt.
An manchen Straßenständen konnte ich alte Riesentöpfe entdecken. Niemand konnte mir Auskunft darüber geben, ob diese riesigen Gefäße auch heute noch hergestellt werden. Ich glaube es nicht. Sie haben mir auf jeden Fall sehr gut gefallen.
Katrin Fröhlich