kalkspatz war da !

Internationale Kontakte geknüpft !

Und Exklusiv im Töpferblatt:

Der komplette Vortrag

von Gabi Dewald

 

 

 

kalkspatz kuckucksei

Der kalkspatz war "undercover" beim "Ceramic Millennium" in Amsterdam:

Auf der "ARTS AND RESOURCES FAIR" im eh schon winzigen Messestand des KeramikMagazins untergeschlüpft.

16.Juli 1999

Ein Brief aus dem Zug zwischen Amsterdam und München

Von Christian Sautier

Liebe Freunde,

ganz schön beeindruckt bin ich auf der Rückreise von Amsterdam. So was von angetörnt war ich schon lange nicht mehr. Aber nicht wegen der guten Versorgung mit Rauschmitteln. Nein, irgendwie eher "keramisch berauscht".

Drei Tage lang bin ich in der kleinen Messebox des Keramikmagazin gestanden, drei Tage lang habe ich mit unendlich vielen Leuten aus wirklich aller Herren Länder gesprochen; mit Chinesen, Südafrikanern und Amis, mit Rumänen, Brasilianern, Japanern. (Dazu später) Drei Tage lang ausserdem in wirklich herzlicher Nachbarschaft mit Gustav Weiss, der sein "Glasurenspiel" vorführte und stundenlang eine liebe Frau aus Guatemala in Sachen Gasofen beriet. Mich hat es unheimlich gefreut, dass Gustav Weiss und Gabi Dewald sich so gut verstehen.

In Amsterdam also die Crème de la Crème der Keramik, oder wenigstens ein Teil davon ; aber deshalb durchaus nicht snobistisch und bescheuert, wie auch die Organisationsclique um den New Yorker Galeristen Garth Clark durchaus sympathisch wirkte. Nur die Deutschen haben weitgehend gefehlt, dabei hätten sie nur ein paar hundert km zu fahren gehabt. Für die paar, die gekommen waren (im wesentlichen Gabi Dewald und Gustav Weiss, Renate Wunderle, Martin Möhwald mit einer kleinen Ossi-Clique, Fritz Rossman und Michael Cleff als Westerwald-Vertreter, dann noch ein paar nette Hallenser Studentinnen und Martin Böwig, ...) waren dann auch ständig mit der Frage konfrontiert , warum das Ereignis eigentlich von den Deutschen boykottiert werde. Es sei so entsetzlich teuer, hörte man. Gut, vielleicht für viele Töpfer. Aber irgendwie dachten die Deutschen wohl wieder mal, es besser zu wissen, als die übrige Welt. Und ein bisschen Antiamerikanismus spielte wohl auch eine Rolle. Es kamen also nicht: Professoren, die Keramikklassen leiten, Künstler und Galeristen, Vertreter von Verbänden (Ausnahme kalkspatz). Deutschland klinkt sich weitgehend aus. Und dabei wäre das nun wirklich mal eine Chance gewesen.

Aber das ist nicht unser Problem: Wir waren ja da. Der kalkspatz, die German potters association. Hihihi. Wirkte zwar etwas ärmlich unser Material, (natürlich glänzte sonst alles), aber dazu kann man ja stehen. Allerdings: Mehr denn je bin ich der Meinung, dass das Seminarprogramm des kalkspatz anders aufgemacht werden muss.

Ich also stand da in der Box des KeramikMagazins und habe Informationen aus der ganzen Welt zusammengesammelt, naja und natürlich auch viel erzählt und immer wieder musste ich die Frage beantworten, warum die deutsche Szene das Ereignis ignoriert. Ich kam so richtig in Rechtfertigungsdruck. Es war halt auch eine gute Stimmung in Amsterdam und da erschien es noch unverständlicher dass man sich beleidigt in sein Schneckenhaus zurückzieht, nur , weil die Amis wieder mal eine Idee hatten. Aber ich bin ja auch nur hingefahren, weil Gabi mich eingeladen hat – und habe überhaupt nicht erwartet, dass es so gut wird. Ich war auch eher skeptisch und schließlich war das Unternehmen ja scheinbar auch nahe am Flop. (Statt der erwarteten 2000 nur 1000 Leute)

Aber das Millennium bestand natürlich aus mehr, als einer Messe: Vor allem einen großen Kongress mit Vorträgen von unterschiedlichster Qualität. Da waren Künstler, die über ihre Arbeit referiert haben, es ging um Geschmack und Geld, um Abgrenzung oder auch nicht zum Handwerk, Probleme in den einzelnen Ländern, Ästhetik,....

Gabi Dewald hat einen Vortrag gehalten, der ein bisschen eine biedere deutsche Position vertreten hat, nämlich die, dass ja nun nicht ehrenrührig sei, wenn man gutes Geschirr auch als gute Keramik betrachte. Durch ihre wunderbar-frische Vortragsweise ist das aber durchaus nicht altbacken oder konservativ rübergekommen. Mir hat sie voll und ganz aus dem Herzen gesprochen, aber auch die Töpferinnung wäre einverstanden gewesen. Sonst hab ich von den Vorträgen nicht viel angehört, weil ich am Stand sein musste und mein Englisch auch einfach zu schlecht ist, um viel zu kapieren. Leider hatte ich in dieser Hinsicht auch die größten Schwierigkeiten mit dem englischen "Entertainer" Johnny Vegas der eine reichlich schlüpfrige Comedy an der Töpferscheibe abgezogen hat

Dann gab es ein Filmfestival, mit schönen alten Filmen aus dem letzten Jahrtausend. Alles übrigens Videoprojektion, inzwischen hat das ja eine durchaus passable Qualität. Dann natürlich Ausstellungen, Ausstellungen, Ausstellungen. Die großen Kunstmuseen in Amsterdam strotzen vor schöner Keramik, ganz viele Galerien haben spezielle Ausstellungen, ja nicht nur in Amsterdam, sondern fast allen europäischen Ländern. Ich war eigentlich nur in der hochgelobten Schwerpunktausstellung der Norweger und in einer Schau über Keramik dieses Jahrhunderts im Stedlijk-Museum, die alleine die Reise nach Amsterdam wert war.

Dann diese "Caravans", von denen ja einer auch in den Westerwald geht; d.h. nach dem Kongress bereisen je 50 Leute typische Keramikgegenden in verschiedenen europäischen Ländern und besuchen Werkstätten, Museen usw. Den deutschen Caravan haben Gabi Dewald, Wolf Böwig und der rührige Fritz Rossmann organisiert. Letzterer hat ja im Juni schon einen "Millenniums-workshop" in der Keramikgruppe Grenzhausen angeleiert.

Schade: an dieser Caravan-Geschichte hätte sich der kalkspatz auch gut beteiligen können (ein Fest organisieren!!!), aber der Zug ist ein für allemal abgefahren. (Andere haben wichtigere Chancen verpasst.)

Ob mir auch etwas nicht gefallen hat ? Ja, die gnadenlos schlechte Diaprojektionstechnik; in einem Saal, in dem der Vortragende ständig von zwei Fernsehkameras gefilmt und riesig an die Leinwand projeziert wird, sollte es auch möglich sein , einigermaßen hell und scharfe Dias an die Wand zu werfen. Ausserdem, dass es keine Übersetzungen gab; wer also kein Englisch kann, ist verratzt. Und, dass wer nicht vortragen kann, es einfach lassen sollte, oder mal üben.

Und nun sitze ich im Zug und weine ein bisschen. Denn ich konnte nicht mehr zum "Mud-Ball" gehen, weil ich morgen mit 30 Schülern nach Ungarn zum Töpfern aufbreche. Jetzt feiern sie also, all die netten Leute. Sie kamen von 62 Nationen nach Amsterdam und zappeln jetzt ab; ich könnte mir wirklich in den Arsch beißen.

Euer Christian