Rolf -R. Weise aus Naumburg fand einen Töpferblattartikel vom Juli 96 über das Ziegeleisymposium in Hundisburg. Er selbst hatte an diesem 4. und auch am 5. Symposium teilgenommen und fand die Darstellung der Veranstaltung zu negativ und teilweise auch falsch und möchte deswegen an dieser Stelle nochmals über dieses Symposium berichten.


4. Ziegeleisymposium in Hundisburg

Gemeint ist das Erlebnis „Teilnahme am 4. Ziegeleisymposium“ in Sachsen-Anhalt im technischen Denkmal Ziegelei Hundisburg, mit einem funktionsfähigen Zick-Zackofen aus dem Jahre 1938 mit einem Schornstein von 1872, in Trägerschaft des Landkreises Haldensleben.

In mühevoller Arbeit gelang es einigen Enthusiasten, Mitgliedern des Fördervereins e.V. mit Hilfe von Fördergeldern und -programmen die Ziegelei und fast alle Maschinen und Geräte beisammen und funktionsfähig zu erhalten, die Baulichkeiten zu sanieren und einen Teil der alten Lehmgrube als Ökosystem zu rekultivieren. (Alle Leistungen können hier nicht aufgezählt werden). Die alte Diesellorenbahn fährt jetzt Besucher auf einem Rundkurs durch das weiträumige Areal. Weithin erkennbar durch den großen Schornstein, liegt die Ziegelei als offenes Gelände außerhalb des Ortes Hundisburg in die Bördelandschaft eingebettet, auf der zweiten, stillgelegten Esse brüten Störche.

Die jetzige Unterhaltung stützt sich auf drei Bereiche: Wahrung des erhaltenswerten, technischen Bestandes mit Vorführung aller vorhandenen Ausrüstung und Erklärung der Abläufe den jährlich vielzähligen Besuchern.

Dazu wird im zweiten Bereich eine minimale „Produktion“ mit Beschäftigung eines erwachsenen Behinderten, vornehmlich von Fußbodenplatten, eingesetzt im Restaurationsbereich, erhalten oder Ziegelschmuckformate geformt, die das Wort „Produktion“ nicht verdient und daneben in verschiedenen AB-Maßnahmen überwiegend Frauen aus der Umgebung sinnvolle Arbeit „beschafft“ und in Beschäftigungsangeboten für jederfrau/mann der Umgebung mit Ton ermöglicht.

Der dritte Bereich ist die jährliche Ausrichtung eines Symposiums für Künstler und Kunststudenten mit internationaler Beteiligung.

Andere Aktivitäten schon wie nebenbei: Musikfest, Ziegeleifest, Konzertreihe etc. mit Wirkung auf die ganze Region. Am 4. Symposium nahmen zwei Diplomanden der Kunsthochschule Halle („Burg“) teil, eine Zusatzstudentin aus Südkorea, eine Studentin im Vordiplom, eine Handwerksmeisterin und drei Verbandskünstler/innen. Das Symposium dauert drei Wochen, wofür der Teilnehmer ein Stipendium erhält. Zusätzlich die kostenlose Bereitstellung der Arbeitsmöglichkeit und des Materials. Nach entsprechender Trockenzeit das kostenlose Brennen der Arbeiten im Zick-Zackofen, Einlegen des Ofens erfolgt nach Wochen des Trocknens gemeinsam mit den Symposiumsteilnehmern.Dabei ist die Erfahrung der Brenner und des Leiters der Ziegelei, Herrn Kaiser, Voraussetzung für den Brennerfolg. Die Besonderheiten des Ofens, die große Brenn–kammer, oberer Abbrand bei wandernder Feuerung und sehr lange Brennzeit bis zur Gartemperatur ermöglichen sehr große Arbeiten und mit Corebus‘ Glück interessante Schmauchfarben im überwiegenden Ziegelrot des Scherbens.

Die Arbeiten bleiben nach dem Brand ein Jahr dem Ausrichter zur Verfügung und werden, dank der gepflegten „Ziegler-Beziehungen“ an verschiedenen Orten ausgestellt. Dann sind sie bis auf ein Belegstück Eigentum des Teilnehmers.Das 4.Symposium begann gleichzeitig mit dem jährlichen Ziegeleifest, zu dem mehrere hunderte Besucher zur Ziegelei kommen, in gut gedachter Duplizität. Hunderte Schaulustige schließen individuelle künstlerische Arbeit aus oder macht sie erst am Abend, wenn Ruhe eingekehrt ist, möglich. -Die beiden ersten Tage vergingen mit gebremsten Tatendrang, Arbeit am Abend oder nochmaliger Heimfahrt, z.B. zur Versorgung der erkrankten Ziege.

Entgegen den betrieblichen Gepflogenheiten konnten wir im gegenseitigen Vertrauen bis in die Nächte arbeiten.

Im großen Arbeitsraum an massiven Werktischen richtete sich jeder mit den gleichen Unsicherheiten der fremden Umgebung bei gleichzeitiger Nutzung zum Formen von Bodenplatten ein. Da war es nötig, mit abgehängten Folien die eigene Arbeit vor den (Ton-)spritzern der Arbeitswut des anderen zu schützen.

Die Ziegelmasse, eine Mischung aus Narsdorfer und Hundisburger Ton mit Sand und Anmachwasser, aufbereitet im Kollergang oder Teigkneter und in der Strangpresse, ist eine GROBKERAMISCHE Masse mit allen Tücken und allen Möglichkeiten, beispielsweise großer Wandstärken. Die Möglichkeit, Arbeitsmasse in großer Menge ständig verbrauchen zu können, ist sehr erleichternd und im Gegensatz zur Arbeit in der eigenen Werkstatt (wer sie hat), in der das nur nach eigener Aufbereitungsarbeit oder teurem Einkauf, geht. Wie gut und schnell jeder Teilnehmer mit dieser Masse umgehen konnte, hing von seinen Fähigkeiten und Erfahrungen ab. Überraschend wohl für alle, wie dünn UND groß OK-Jong aus Korea damit arbeiten konnte.

Das Symposium, nicht themengebunden, aber jeder Bewerber hatte sich mit Entwürfen und Beschreibungen seines Vorhabens vorgestellt und war nach der Auswahl nun mehr oder weniger „an sich selbst“ gebunden.

Die Zeit reichte jedenfalls, um miteinander zu reden, Tee und Wein zu trinken oder sogar ein Essen gleich in der Werkstatt zu kochen, weil die gute Seele des Betriebes, Joachim, fast immer erreichbar, weil nebenan wohnend, alles fand, was die Teilnehmer an Ausgefallenem oder Besonderem brauchten, also auch eine Kochplatte. Die Woche über war die Betriebsversorgung, auch mittags, durch Frau Krause- gleich mal ihre hausgemachte Erdbeerkonfitüre, möglich. Im großen grünen Außengelände fanden sich Ruheplätze und Kräuter, die Tee oder Gemüse wurden, zum Bördespargel frisch vom Feld.

Die Qualität der entstandenen Arbeiten ist so unterschiedlich wie die Teilnehmer. Sie reicht von gültiger Arbeit bis Danebengegangen, warum auch immer. Für die Folgejahre sollten, um als künstlerisches Symposium zu gelten, höhere Anforderungen gestellt werden oder zur Voraussetzung die Mitgliedschaft in einem Künstlerverband.

Da ich im Folgejahr wiederum teilnehmen konnte, nun aber im neuen Trockenschuppen von beachtlicher Größe gearbeitet wurde, war Verständigung untereinander nur mit Flüstertüte möglich oder ich fuhr ein Stück mit Dianas Roller.

Danach weiß ich zu schätzen, wie gemütlich die Atmosphäre des 4.Symposiums war.